Instagram hat weltweit fast zwei Milliarden Nutzer*innen, TikTok gehört für rund 1,6 Milliarden Menschen zum Alltag, und WhatsApp ist auf etwa 2,8 Milliarden Smartphones installiert. Bei diesen Zahlen liegt es nahe, dass auch Mädchen und Jungen aus stationären Wohngruppen eher früher als später Erfahrungen in sozialen Netzwerken machen möchten und werden. Die pädagogischen Fachkräfte sollten also die Bedeutung, Chancen und Herausforderungen der digitalen Welt kennen.

Der Smiley e.V. aus Hannover ist ein Verein zur Förderung der Medienkompetenz. Das Team besucht etwa 1100 Schulklassen im Laufe eines Jahres. Aber auch für Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gibt es eine spezielle Fortbildungsreihe. Die Kinder, Jugendlichen und Fachkräfte aus fünf Wohngruppen der Dialog gGmbH haben in den vergangenen Monaten verschiedene Themenfelder bearbeitet. Mit einem Fachtag für die Pädagog*innen im Haus Sonnenwinkel hat die Reihe nun ihren Abschluss gefunden.

Im ersten Termin wurde in den einzelnen Wohngruppen erst einmal geklärt, was WhatsApp, Instagram und TikTok die Jugendhilfe überhaupt angehen. Inhaltlicher Schwerpunkt war die Mediennutzung im Allgemeinen und die Auswirkungen auf den pädagogischen Alltag. „Die Diskussionen in den Wohngruppen sind ganz unterschiedlich verlaufen. Sogar innerhalb mancher Teams gab es unterschiedliche Ansichten“, berichtet Referent Moritz Becker.

Das zweite Modul (digital) behandelte das Thema „Wieviel online und wieviel offline ist der richtige Weg?“ Rituale und Strategien zur zeitlichen Begrenzung seien genauso wichtig wie das Respektieren von relevanten Online-Zeiten. Im dritten Modul (ebenfalls digital) konnte Becker viele Fallbeispiele aus der Beratungsarbeit nennen, denn es ging um „Konflikte in sozialen Netzwerken“, zum Beispiel Streit bei WhatsApp oder das Verbreiten von Nacktbildern. Ein weiterer Workshop richtete sich ganz konkret an die Kinder und Jugendlichen in den Wohngruppen. Thema war „Medienkompetenz in sozialen Netzwerken“ unter Berücksichtigung der spezifischen Lebenssituation in der Jugendhilfe.

Bestandteil des Fachtages waren Quizfragen, die zu anschließenden Diskussionen führten. Eine Frage war, ab wann eine Nachricht auf WhatsApp als gelesen angesehen werden kann. Zwei blaue Haken heißen nämlich nicht unbedingt, dass die Empfängerin/der Empfänger die Nachricht auch bewusst gelesen hat. Signal sei zwar die bessere Alternative, gerade im Hinblick auf den Datenschutz. „Aber WhatsApp ist komfortabler“, so Becker. Ein Mitarbeiter merkte an, dass WhatsApp im Sprachgebrauch verankert sei: „Schreib mir eine WhatsApp“. Laut Becker sei dies „das Ergebnis einer Kampagne eines Milliardenunternehmens“.

Eine zentrale Frage des Vormittags war zudem, wie das professionelle Verhältnis zwischen den Kindern und Pädagog*innen auf Social Media aufrechterhalten werden kann. Eine Gratwanderung, denn ein Pädagoge müsse im Grunde alle Beiträge jedes einzelnen Kindes aus der Wohngruppe liken, damit nicht der Eindruck entsteht, dass ein Kind bevorzugt wird.

Aktuell dreht sich vieles um Instagram, TikTok und WhatsApp. Mit „BeReal“ gewinnt aber schon die nächste App immer mehr an Bedeutung bei den Jugendlichen. „Es werden immer jugendkulturelle Biotope online entstehen, wo wir eigentlich nichts zu suchen haben“, sagte Becker. Deshalb sei es auch nicht ratsam zu versuchen, über Social Media etwas über das Privatleben der Kinder und Jugendlichen herauszufinden. Das könne als Stalking aufgefasst werden.

Die Reihe wurde von der Aktion Mensch gefördert.